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Revision der Witwen- und Witwerrenten: Bundesrat plant grundlegende Neuregelung

Der Bundesrat hat im Oktober 2024 die Botschaft zur Revision der Hinterlassenenrenten an das Parlament überwiesen. Ziel ist die Beseitigung der geschlechtsspezifischen Ungleichbehandlung zwischen Witwen und Witwern sowie die Anpassung der AHV-Leistungen an moderne Familien- und Erwerbsstrukturen. Die Änderungen sollen per 2026 in Kraft treten und gleichzeitig zur finanziellen Entlastung der AHV beitragen.

Gleichstellung und gesellschaftliche Realität

Auslöser für die Reform ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) aus dem Jahr 2022, welches die Schweizer Regelung als diskriminierend gegenüber Witwern einstufte. Derzeit erhalten Witwen auch ohne Kinder eine lebenslange Rente, während Witwer nur bis zur Volljährigkeit des jüngsten Kindes anspruchsberechtigt sind. Künftig sollen Hinterlassenenleistungen geschlechtsneutral ausgestaltet werden – orientiert an Betreuungs- und Erziehungsleistungen, nicht am Zivilstand.

Neue Regelung ab 2026

Die Reform sieht insbesondere folgende Massnahmen vor:

  • Eine Hinterlassenenrente für verwitwete Eltern bis zum vollendeten 25. Altersjahr des jüngsten Kindes – unabhängig von Zivilstand und Geschlecht.
  • Eine zweijährige Übergangsrente für verwitwete Personen ohne unterhaltsberechtigte Kinder, sofern der Todesfall eine wirtschaftliche Notlage begründet.
  • In der Unfallversicherung: Anspruch auf Rente für Witwer, analog zu Witwen, sofern Kinder ohne Rentenanspruch bestehen oder das 45. Altersjahr erreicht ist.
  • Ergänzungsleistungen für Witwen und Witwer ab 58 Jahren, sofern keine unterhaltsberechtigten Kinder mehr bestehen und eine Armutsgefährdung vorliegt.

Bestandesrenten und Übergangsregelung

Für bestehende Renten gelten Übergangsfristen:

  • Personen ab 55 Jahren behalten ihre Rente auch ohne unterhaltsberechtigte Kinder.
  • Personen unter 55 Jahren verlieren den Anspruch innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten, sofern kein Anspruch auf Ergänzungsleistungen besteht.
  • Bei Bezug von Ergänzungsleistungen bleibt die Rente ab dem 50. Altersjahr bestehen.

Berufliche Vorsorge bleibt unverändert

Die berufliche Vorsorge ist von der Revision nicht betroffen, da dort bereits heute eine Gleichbehandlung besteht. Leistungen werden bis zum Tod oder zur Wiederverheiratung erbracht, unabhängig vom Geschlecht.

Finanzielle Auswirkungen

Die Reform dient nicht nur der Gleichstellung, sondern auch der Konsolidierung der AHV-Finanzen. Gemäss Berechnungen des BSV wird zwischen 2026 und 2030 eine Reduktion der AHV-Ausgaben um rund CHF 350 Millionen erwartet – davon entfallen CHF 70 Millionen auf Einsparungen beim Bund. Die Massnahmen sind auch im Hinblick auf die Finanzierung der 13. AHV-Rente relevant.

Fazit:
Mit der geplanten Revision schafft der Bundesrat nicht nur rechtliche Gleichstellung, sondern richtet die Hinterlassenenleistungen konsequent an der sozialen Realität und den Betreuungsbedürfnissen aus – unter gleichzeitiger Entlastung der Sozialwerke.

 

Verfasser: Thomas Raz

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